Wir organisieren regelmässig öffentliche Podiumsgespräche zu aktuellen Themen oder Abstimmungen. Das «Podium Bonstetten im Gemeindesaal» soll zur Information mit Berücksichtigung von Pro- und Kontra-Stimmen für die ganze Bevölkerung beitragen. Teilweise führen wir das Podium auch nur mit einem Referat durch.
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«Ausbau Nationalstrassen» und «Mietrecht» (Podium vom 29. Oktober 2024)
Von «Finanzhaien» und Autobahn-Engpässen
Bericht im Anzeiger aus dem Bezirk Affoltern von Daniel Vaia (01.11.2024)
Hochkarätige SVP-Podiumsdiskussion in Bonstetten zur Abstimmung vom 24. November
Gleich vier Nationalrätinnen und Nationalräte haben am Dienstag im Gemeindesaal in Bonstetten um Ja- beziehungsweise Nein-Stimmen geworben für die Volksabstimmung am 24. November: von der SVP Barbara Steinemann (ZH) und Benjamin Giezendanner (AG), von der SP Priska Seiler Graf (ZH) und Islam Alijaj (ZH).
Die Ausgangslage ist spannend. Gemäss einer vor zwei Wochen veröffentlichten SRG-Umfrage hätten die Stimmberechtigten Anfang Oktober zu drei der vier Vorlagen Ja gesagt, allerdings zum Teil nur knapp: Finanzierung Gesundheitswesen, Ausbau Autobahnen, Mietrecht Untermiete. Bei der vierten Vorlage, Mietrecht Eigenbedarf, hielten sich die beiden Lager die Waage.
SVP-Ortsparteipräsident Claude Wuillemin konnte zur Podiumsdiskussion gut 40 Personen begrüssen, die meisten wohl SVP-Wählerinnen und -Wähler oder mit der Partei sympathisierend. Sie erlebten einen kurzweiligen, in verdaubare, kleine Sequenzen unterteilten Abend. Barbara Steinemann debattierte mit Islam Alijaj über die beiden Mietrechtvorlagen, Benjamin Giezendanner mit Priska Seiler Graf über den Autobahnausbau. Nicht zur Sprache kam die Vorlage über die einheitliche Finanzierung des Gesundheitswesens – um den Abend nicht in die Länge zu ziehen, so Wuillemin.
Mietrecht: Vorwurf der Profitgier
Die Diskussionen verliefen weitgehend entlang den bekannten Parteilinien, ohne jedoch langweilig zu werden. Dafür sorgte unter anderem der auf einen Rollstuhl angewiesene und sprechbehinderte Islam Alijaj (SP), der mithilfe einer Verbalassistentin argumentierte. Er bezeichnete die Mietrechtänderungen als Vorlagen zugunsten der «Finanzhaie». Sie – die Versicherungen, Banken und Pensionskassen – würden die vorgesehenen Änderungen letztlich nur dazu nutzen, ihre Profite zu erhöhen. WGs oder Bürogemeinschaften (Untermiete) würden künftig nahezu verunmöglicht. Barbara Steinemann (SVP) verwies auf die heutigen, «regelrecht eigentumsfeindlichen» Regelungen, bei denen Eigentümer in manchen Fällen «ewig warten müssen», bis sie Zugriff auf ihre Immobilie erhalten (Eigenbedarf). Mit der jetzigen Vorlage würde unter anderem für mehr Transparenz gesorgt. Sie warf dem Mieterverband vor, aus rein machttaktischen Überlegungen das Referendum ergriffen zu haben – «um Vermieter und Mieter gegeneinander auszuspielen».
Zwischen «notwendig» und «nicht zukunftstauglich»
Ebenso klar verlief der Meinungsgraben zum Thema Autobahnausbau, zwischen Benjamin Giezendanner (SVP) und Priska Seiler Graf (SP). Giezendanner, der auf der Fahrt vom Aargau nach Bonstetten auf der Autobahn in einen Stau geriet, nannte als Vorteile die Entlastung von Ortschaften vom Durchgangsverkehr, mehr Sicherheit und den vergleichsweise geringen Landverbrauch für die sechs Projekte. Seit der Planung des Schweizer Autobahnnetzes in den 60er-Jahren habe die Mobilität nun mal stark zugenommen, dazu komme das starke Bevölkerungswachstum, Stichwort: Zuwanderung. Dies habe zu einer massiven Zunahme von Staus geführt (letztes Jahr 49000 Stunden), zum Schaden der Wirtschaft, und dagegen müsse etwas unternommen werden.
Priska Seiler Graf bezeichnete dagegen die geplanten Ausbauten als «nicht zukunftstauglich» und als «Signal in die falsche Richtung». Bezeichnenderweise seien die von den Ausbauten betroffenen lokalen Bevölkerungen und Behörden dagegen. Seiler Grafs Hauptargument: Mehr Strassen führen zu mehr Verkehr, das Problem werde nicht wirklich gelöst. Die Abstimmung böte die Möglichkeit, «jetzt eifach mal de Schueh inezhebe» und zu sagen: Nein, so geht das nicht.
SVP-Wählerschaft tendiert zu vier Mal Ja
Laut der oben erwähnten SRG-Umfrage waren Anfang Oktober die SVP-Wählerinnen und -Wähler mehrheitlich für ein Ja bei allen vier Abstimmungsvorlagen. Das gilt in groben Zügen ebenso für das FDP-, das Mitte- und das GLP-Lager (GLP-Ausnahme: Nein zur Autobahnvorlage). Die Wählerschaft von SP und Grünen lehnen dagegen den Autobahnausbau und die Mietrechtänderungen ab. Die Efas-Vorlage (Finanzierung Gesundheitswesen) wäre von Links-Grün dagegen knapp gutgeheissen worden, wobei der Anteil der Unentschlossenen gross war. Ob und in welche Richtung sich die Meinungen in der laufenden, heissen Phase des Abstimmungskampfs verändern werden, ist offen. Klar ist hingegen, dass die SVP-Diskussionsabende in Bonstetten ein Stück gelebter Demokratie auf hohem Niveau sind.
«Biodiversitätsinitiative» und «BVG-Reform» (Podium vom 22. August 2024)
Ein Ringen um komplexe Themen
Bericht im Anzeiger aus dem Bezirk Affoltern von Marcus Weiss (27.08.2024)
Facettenreiche Podiumsdiskussion im Gemeindesaal Bonstetten
Es war eine Podiumsdiskussion mit konträren Standpunkten, zu der die SVP Sektion Bonstetten am letzten Donnerstag geladen hatte, dennoch, das erste Thema wurde allein aus Sicht der Partei beleuchtet. Es ging um die Abstimmungsvorlage vom 22. September über eine Änderung des Bildungsgesetzes betreffend Stipendien für vorläufig aufgenommene Ausländerinnen und Ausländer, gegen welches das Kantonsratsreferendum ergriffen wurde. «Es geht bei der Vorlage nicht um Bildung, denn diese möchten wir von der SVP natürlich», schickte Kantonsrat Marc Bochsler seinen Ausführungen voraus. In Wirklichkeit gehe es um die Finanzierung der Bildung von abgelehnten Asylbewerbern, und dies wolle seine Partei nicht mittragen, erklärte Bochsler. Er stellte die These in den Raum, dass von den 123 Millionen Menschen, die derzeit weltweit auf der Flucht sind, diejenigen, die wirklich an Leib und Leben bedroht seien, meist innerhalb des Heimatlandes oder in ein Nachbarland flüchten würden und nicht zu uns in die Schweiz. «Für uns sind diejenigen, die hierhin kommen, Wirtschaftsflüchtlinge», so der SVP-Politiker. Daneben kritisierte Bochsler, dass teilweise Entwicklungshilfe in Länder gezahlt werde, die sich weigerten, in der Schweiz abgewiesene eigene Staatsbürger zurückzunehmen. Eine Gegendarstellung oder Diskussion fand bei diesem ersten Traktandum nicht statt.
Das Dilemma Biodiversität versus Produktivität
Intensiv diskutiert wurde dagegen die Biodiversitäts-Vorlage, zu der die SVP Andreas Hasler von der Naturschutzorganisation Pro Natura als Vertreter des konträren Standpunktes geladen hatte. Hasler beschrieb die Bedeutung, die seine Organisation dem Thema zumisst, gleich im ersten Satz: «Die Biodiversität ist die Grundlage unseres Lebens, dies kann man auch daran erkennen, dass vier von fünf Kulturpflanzen in unserem Land auf Bestäubung angewiesen sind», mahnte der grünliberale Kantonsrat und Biologe. In diesem Fall spielten die einheimischen Wildbienen-Arten eine zentrale Rolle, deren Zahl bei 600 liege. Auch von den hundertfünfzig meistverkauften Medikamenten hätten vier von fünf rein natürliche Inhaltsstoffe, ein prominentes Beispiel sei Aspirin. «Wir verlieren mit der Biodiversität also auch unsere Natur-Apotheke», so die eindringlichen Worte Haslers. SVP-Vertreter Martin Haab betonte, als Bauer liege ihm Biodiversität auch sehr am Herzen, aber dieser werde in der Landwirtschaft auch jetzt schon Rechnung getragen. So würden 30 Prozent der Nutzflächen für entsprechende Zwecke verwendet, das Gesetz sehe sieben Prozent vor. «Die Vorlage dreht sich aber nicht nur um Biodiversität, sondern auch um das Bauen innerhalb der Bauzonen. Die Wohnungsnot würde sich noch mehr verschärfen, weil weniger gebaut werden könnte», erklärte Haab. Es folgte eine längere Diskussion darüber, ob sich der Artenverlust verlangsamt habe oder aber ungebremst weitergehe. Um zu verdeutlichen, wie dramatisch sich die Situation für bestimmte Tierarten darstellt, nannte Andreas Hasler die Feldlerche, deren Population zwischen 1990 und 2017 auf unter 10 Prozent zurückgegangen sei. Martin Haab warnte derweil davon, dass die Nahrungsmittelproduktion sehr wohl unter der Ausweitung der Biodiversitätsflächen leide. «Wir werden in diesem klimatisch schwierigen Jahr auf 45 Prozent herunterfallen, mit der Initiative wären wir bald bei 40 Prozent», prognostizierte der Landwirt und Politiker. Mehr Nahrungsmittel-Importe aus anderen Ländern brächten der Umwelt nichts, denn dort sei Biodiversität teilweise gar kein Thema. Das kaum zu durchbrechende Dilemma bei diesem Thema wurde bei der Podiumsdiskussion offensichtlich.
Ist der Kompromiss bei der beruflichen Vorsorge fair?
Beim letzten Traktandum, der Reform der beruflichen Vorsorge, diskutierte SVP-Vertreterin Nina Fehr Düsel mit Jordi Serra, Geschäftsführer der Pensionskasse beim VPOD. Während Fehr Düsel für den nach ihren Worten sehr fairen Kompromiss warb, der zahlreiche Teilzeitbeschäftigte besser dastehen lasse als bisher, bezeichnete Serra die Reform als unausgegoren. Es wurden immer wieder Zahlen herumgereicht und Detailfragen kontrovers diskutiert, aber am Ende blieb manches nebulös. So etwa die Frage, ob eine Mehrheit der Arbeitnehmer, die ihren Lohn von mehreren Arbeitgebern erhalten, von der Reform profitieren würde. Klar besser dastehen würden gemäss Nina Fehr Düsel über 50-jährige Arbeitnehmende wegen der Plafonierung der Altersbeiträge. Wer unter dem Strich gewinnt oder verliert, wird wohl weiter für Gesprächsstoff sorgen.
«Renteninitiative» und «Anti-Chaoten-Initiative» (Podium vom 15. Februar 2024)
2029 kippt die AHV ins Minus
Bericht im Anzeiger aus dem Bezirk Affoltern von Patrick Caplazi (20.02.2024)
In Bonstetten debattierten Politiker über die Renten- und die Anti-Chaoten-Initiative
Die SVP Bonstetten hatte am Donnerstag zum Podium in den Gemeindesaal eingeladen. Vier Politiker kamen zu Wort. Debattiert wurde über die eidgenössische Renteninitiative und über die kantonale Anti-Chaoten-Initiative. Um Letztere ging es zuerst. Claude Wuillemin, Präsident der SVP Bonstetten, begrüsste SP-Kantonsrätin Beatrix Stüssi. Sie ist Schulpräsidentin in Niederhasli, Gemeinderätin und seit fünf Jahren im Kantonsrat. Camille Lothe, Präsidentin der SVP Stadt Zürich, musste krankheitsbedingt absagen. Für sie sprang Sandro Strässle, Präsident des Initiativkomitees und Präsident der Jungen SVP Kanton Zürich, in die Bresche. Strässle wohnt in Dietikon und ist Berufsoffizier. Wuillemin, der durchs Podium führte, gab Strässle zuerst die Gelegenheit, das Publikum von der Anti-Chaoten-Initiative zu überzeugen.
Argumente der Pro-Seite
Demonstrationen und Kundgebungen sollen grundsätzlich unter Bewilligungspflicht gestellt werden und Veranstalter und Teilnehmer illegaler Demonstrationen sollen für die Kosten geradestehen. «Hier geht es vor allem um die Einsatzkosten der Polizei», betonte Strässle. Gleiches gilt bei Störungen von bewilligten Demonstrationen. Ausserdem sollen die Kosten für die Räumung von besetz ten Liegenschaften den beteiligten Personen und Organisationen verrechnet werden. Zur Bewilligungspflicht sagte Strässle: «Es ist wichtig, dass die Polizei weiss, welche Route geplant ist, was der Umfang beinhaltet und was geplant wird.» Eine Demo habe grosse Auswirkungen auf Menschen, die sich ebenfalls im öffentlichen Raum bewegen. Der ÖV und der private Verkehr werden blockiert und Einkaufsläden seien unter Umständen nicht mehr zugänglich. «Wir haben bei den illegalen Demonstrationen seit 2015 einen Anstieg von 95 Prozent. Die Kosten stiegen in diesem Zeitraum um 44 Prozent», so Strässle. Vom Problem betroffen sei vor allem die Stadt Zürich. Zwischen 2015 und 2022 seien dabei Einsatzkosten von fast 24 Millionen Franken entstanden. Sachschäden, etwa bei der VBZ, seien dabei nicht eingerechnet. «Selbst bei einfachen Behördengängen müssen die Bürger Gebühren bezahlen. Gleichzeitig müssen sich gesetzeswidrig handelnde, gewalttätige Chaoten nicht an den von ihnen verursachten Kosten beteiligen.» Es sei eigentlich ganz einfach, eine Demonstration anzumelden. Die Genehmigung koste 300 Franken und sei bis zu drei Tage im Voraus möglich.
«Gesetzeswidrige Vorlage»
Beatrix Stüssi argumentierte gegen die Vorlage. «Die Forderung, dass alle Demonstrationen angemeldet werden müssen, verstösst gegen geltendes Völkerrecht, das besagt, dass die Ausübung der Meinungs- und Versammlungsfreiheit nicht von einer Genehmigung abhängig ist.» Es dürfe nicht sein, dass Kosten auf friedliche Demonstranten abgewälzt werden, wenn störende Elemente alles kaputt schlagen. «Wer Sachschaden verursacht, kann per Zivilrecht bestraft werden», so Stüssi. Würde die Initiative angenommen, werde die Bevölkerung eingeschüchtert. Man überlege sich dann, überhaupt eine Demonstration zu organisieren. «Mit Demonstrationen wurden wir alle gross. Es braucht sie, um Minderheitsmeinungen zu verbreiten.» Beispielsweise wäre das Frauenstimmrecht nie zustande gekommen, wenn Frauen nicht auf die Strasse gegangen wären. «Die ganze Initiative ist falsch aufgezogen», ist Stüssi überzeugt. Die Vorlage betreffe vor allem die Stadt Zürich. Diese habe für die Problematik aber bereits eine Lösung gefunden. Da das Initiativkomitee mit dem Entscheid der Stadt Zürich nicht einverstanden war, versuche man jetzt, dies über den Kanton zu korrigieren. Stüssi glaubt auch, dass es vermehrt Gewalt gebe. Diese müsse man in den Griff bekommen, aber nicht mit einer Einschüchterung bei Demonstrationen. Die Redner beantworteten im Anschluss noch einzelne Fragen aus dem Publikum und zogen ihre Fazite, in denen sie ihre Argumente nochmals kurz zusammenfassten. Stüssi empfahl dem Publikum, die Initiative und den Gegenvorschlag des Kantonsrates abzulehnen. Strässle forderte die Anwesenden auf, die Initiative und gegebenenfalls den Gegenvorschlag anzunehmen.
Für die Renteninitiative
Beim zweiten Teil des Podiums ging es um die Renteninitiative. Claude Wuillemin begrüsste Alt-FDP-Kantonsrätin Christa Markwalder und SP-Kantonsrätin Min Li Marti. Markwalder, die beim Initiativkomitee mitwirkt, erhielt als erste die Gelegenheit, das Publikum für die Vorlage zu begeistern. Sie erklärte zuerst, was verlangt wird: «Die Initiative der Jungfreisinnigen sieht vor, dass das Rentenalter schrittweise auf 66 Jahren erhöht wird. Im Anschluss soll das Rentenalter an die durchschnittliche Lebenserwartung gekoppelt werden.» Markwalder begründete die Forderungen so: «Wir werden immer älter. Dies ergibt grosse Herausforderungen für die Finanzierung der AHV.» Heute werde sie von Lohnnebenkosten, Mehrwertsteuerabgaben und vom Bund finanziert. Immer weniger Erwerbstätige würden für immer mehr Rentnerinnen und Rentner einzahlen. «Im Jahr 2029 kippt die AHV bereits ins Minus», so Markwalder. Dies führe dazu, dass danach jedes Jahr Milliardenbeträge fehlten. Um dies zu verhindern, könne man die Lohnnebenkosten oder die Mehrwertsteuer erhöhen, die Renten kürzen oder eben das Rentenalter erhöhen.
Das spricht dagegen
Min Li Marti, wie auch der Bundesrat und das Parlament, ist gegen die Renteninitiative. Der erste Grund sei, dass bei der Abstimmung im vergangenen Jahr über die Erhöhung des Rentenalters der Frauen im Abstimmungskampf gesagt wurde, dass es danach vorerst keine weitere Erhöhung geben soll. Marti sagt weiter: «Wir stimmen über einen Automatismus ab. Dieser ist unschweizerisch.» Zudem gäbe es eine Ungerechtigkeit: «Leute, die sich frühzeitig pensionieren lassen, sind Menschen, die es sich leisten können. Personen, die bis 65, 66 oder 67 arbeiten müssen, sind diejenigen mit den harten Jobs.» Es gebe noch zu wenig Branchenlösungen. Zudem hätten Gutverdienende eine höhere Lebenserwartung. «Personen, die mit 60 ihren Job verlieren und keinen neuen mehr finden, müssten noch länger durchhalten bis zur Pensionierung.»
«Neutralitätsinitiative» – Referat von Christoph Blocher (Podium vom 31. Oktober 2023)
Tipps bei Bier und Chips
Bericht im Anzeiger aus dem Bezirk Affoltern von Luc Müller (03.11.2023) / Referat auf Youtube: https://youtu.be/alV-tD6Hi4E?si=ilT65-WemBLu-Xqb
Alt Bundesrat Christoph Blocher serviert in Bonstetten markige Worte – das kommt bei den Besuchenden gut an
Am Dienstagabend in Bonstetten. Draussen herrscht dunkles, schmuddeliges Herbstwetter. Drinnen ist der Gemeindesaal hell beleuchtet. Die Besuchenden decken sich am Eingang mit Chips, Cola, Bier oder Wein ein. Auf den Tischen im Saal liegen ein Mitgliederanmeldeformular für die SVP Bonstetten und ein Flyer von Gregor Rutz. Der SVP-Mann will für den Kanton Zürich in den Ständerat – im ersten Wahlgang vom 22. Oktober hat es für Rutz nicht gereicht. Nun findet der zweite Wahlgang am 19. November statt – er kämpft gegen Tiana Moser (GLP) um den Sitz. Der Saal füllt sich. «Ich finde ihn einfach toll. Er sagt genau, was er denkt», schwärmt eine Besucherin. Wer sie so zum Schwärmen bringt: Christoph Blocher. Der alt Bundesrat aus Herrliberg.
Keine EU-Sanktionen übernehmen
Der 83-Jährige mobilisiert immer noch die Massen. Heute die in Bonstetten. Der SVP-Doyen referiert zur Neutralitätsinitiative, für die aktuell auch die SVP Unterschriften sammelt. Gleich beim Eingang zum Gemeindesaal konnte man unterschreiben. Blocher ist aktiv geworden und kämpft für seine Vorstellung von Neutralität. Mit einer Volksinitiative soll die «immerwährende bewaffnete Neutralität» der Schweiz in der Verfassung verankert werden. Der Beitritt zu Militärbündnissen wäre laut dem Initiativtext untersagt. Und die Schweiz dürfte nur noch UNO-Sanktionen übernehmen – aber nicht mehr solche der EU, wie jetzt im Falle Russlands. So weit die nüchternen Fakten. Die Türe zum Gemeindesaal wird geschlossen – die Besuchertische sind voll. Über 100 Anwesende harren gespannt den Dingen, die da kommen. Jetzt geht sie los. Die Blocher-Show. «Das ist ein Heimspiel für Sie», so die Anmoderation von Claude Wuillemin, dem Präsidenten der SVP Bonstetten. Schon 2020 war er hier und referierte damals zur Begrenzungsinitiative. «Ihr Vater war hier in Bonstetten Pfarrer und lernte seine zukünftige Frau hier kennen», erzählt Wuillemin.
«Der Klub, da oben in Bern»
Nun übernimmt der Polit-Dino selber. Eine kleine Bilanz zu den Wahlen vom 22. Oktober? «Die SVP hat gewonnen, aber ich bin nicht in Euphorie verfallen. Wir haben im Parlament ja nicht die Mehrheit. Die Grün-Linken mussten von ihrem hohen Ross runter, sie haben einen Dämpfer erhalten.» Auf dem Podium ist links ein Rednerpult platziert. «Er will, dass das Rednerpult immer am gleichen Ort steht», verrät Wuillemin noch nach der Veranstaltung, «ich habe Christoph Blocher einfach angeschrieben und für diesen Auftritt angefragt. Das hat geklappt. Er weiss auch, dass ich viel für die Partei mache.»
Am Rednerpult steht Blocher an diesem Abend kein einziges Mal. Der Mann nutzt dafür umso mehr den Raum auf dem Podium. Mit dem Headset auf dem Kopf läuft er hin und her. Immer mit den Händen gestikulierend seine markigen Worte unterstützend. «Die Schweiz soll neutral sein. Was heisst das? Die Regierung muss neutral sein. Nicht ihr – ihr dürft schimpfen», spricht Blocher direkt die Zuhörenden an. Sich nicht in fremde Händel einmischen – das sollte die Devise für die Schweiz sein. «Neutralität haben die Politiker aber nicht gern. Sie wollen im Ausland eine grosse Rolle spielen und an den Kongressen auftreten.» Das sei aber gegen die Interessen des Schweizer Volkes, das so in Kriege hineingezogen werde. An vielen Tischen wird zustimmend genickt. Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine hat sich der Bundesrat schwergetan, eine klare Linie zu finden. Zwar hat er sofort die russische Aggression verurteilt; die EU-Sanktionen gegen Russland wollte er aber mit Verweis auf die Neutralität zunächst nicht übernehmen. Nach wenigen Tagen und viel Kritik kam der Positionswechsel. Die Schweiz trägt seitdem die Sanktionen doch mit. «Wir sind auch auf Druck von Amerika einfach umgefallen. Jetzt sind wir Kriegspartei», sagt Blocher. Während der 90-minütigen, freien Rede greift Blocher so manches Thema auf und verteilt verbale Sticheleien: «Der Klub da oben in Bern ist auch nicht immer verfassungstreu.» Die Masseneinwanderungsinitiative sei nicht richtig umgesetzt. Die Professoren und Studenten mit ihren irrigen Ansichten, Bundesrätin Amherd, die lieber mit der Nato rede als mit ihren Soldaten, die durchaus Walliserdeutsch verstehen würden, die Wirtschaftsverbände, die richtungslos herumirren. Und Gerhard Pfister, der Oberkönig der Mitte-Partei, die gar nicht mehr bürgerlich sei.
Und immer wieder erzählt Blocher launige Anekdoten. So vom Studenten, der sich bei ihm gemeldet habe, weil er für eine Arbeit Widersprüche in den Reden von Blocher aufdecken müsse. Der Student: «Ich habe keine Widersprüche gefunden.» Blocher zu ihm: «Es gibt auch keine – denn ich erzähle seit 30 Jahren das Gleiche.» Gelächter im Saal. Dann geht er noch auf die Kantone und den Föderalismus ein. «Als ich als Bundesrat für die Asylbewerber zuständig war, haben wir die Leute per Los auf die Kantone verteilt.» So seien nicht alle Algerier einfach zusammen gewesen, das habe eine Ballung verhindert, die in kurzer Zeit zu einem Aufstand geführt hätte.
Die Zuhörenden überzeugt
«Das war jetzt wie eine Vorlesung, aber mit einem guten Dozenten», erzählt Blocher zum Schluss und beendet seinen Auftritt mit dem Satz: «Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan, der Mohr darf gehen. Aber das darf man ja auch nicht mehr sagen.» Applaus brandet auf. Das SVP-Urgestein nimmt sich noch Zeit für persönliche Gespräche mit den Anwesenden. «Das war ein super Auftritt. Der Mann redet einfach so, dass auch wir vom einfachen Volk alles verstehen», schwärmt eine Besucherschar der SVP Hausen und Rifferswil. Und ein Zuhörer am Nebentisch betont: «Der Mann hat mich voll überzeugt. Ich will auch, dass die Schweiz neutral bleibt. Wir sind nicht wie die Deutschen und Franzosen, die so ein Puff in der EU machen. Da soll die Schweiz nicht mitmachen.»
Derweil hat sich im Hintergrund eine Dame neben Blocher gestellt – fürs Erinnerungsfoto.
«Windkraft im Gegenwind» (Podium vom 21. September 2023)
Windkraft im Gegenwind
Bericht im Anzeiger aus dem Bezirk Affoltern von Livia Häberling (26.09.2023)
Am SVP-Podium in Bonstetten kreuzten Balthasar Glättli und Susanne Brunner die Klingen
So kann es dem Publikum auch ergehen: Es findet an einem Donnerstagabend den Weg in den Gemeindesaal, um sich Argumente für oder gegen die Windkraft anzuhören, und erfährt als Erstes etwas unverhofft dies: Ja, beide Podiums-Gäste finden nachts in einen tiefen Schlaf. Grünen-Nationalrat Balthasar Glättli, obwohl er gemäss Zitat im «Tages-Anzeiger» die Greenpeace-Wahlzeitung im verbotenen «20-Minuten»-Look und damit «illegale Sachen» unterstützte. Und SVP-Kantonsrätin Susanne Brunner, obwohl die Mütter- und Väterberatung der Stadt Zürich jüngst mit Forderungen nach einer genderneutralen Erziehungssprache wieder einmal die Nerven der Bürgerlichen strapazierten.
Mit seiner Einstiegsfrage zur Schlaf-Qualität seiner Gäste hatte Gastgeber und Präsident der SVP Bonstetten Claude Wuillemin unter zwei politischen Gegenpolen den ersten (und einzigen) Konsens des Abends zu Tage gefördert. Zumindest bei den menschlichen Grundbedürfnissen finden sich Gemeinsamkeiten. Der unverkrampfte Auftakt in den Abend war geglückt, der gepflegte Dissens über Windkraft konnte starten.
Wer Energie will, muss sie produzieren
Das Auftakt-Plädoyer gehörte Balthasar Glättli. «Die Windkraft ist im Energiemix der Zukunft ein wichtiger Teil», sagte er einleitend. Der Volksentscheid vom 18. Juni 2023, aus den fossilen Energien auszusteigen, bringe es mit sich, dass diese Energien nun anderweitig produziert werden müssten. Wobei der Umstieg – klar – unter dem Strich zu einem höheren Energiebedarf führe. Um ihn zu decken, sieht Glättli neben der Sonnenenergie, der «breitesten und akzeptiertesten Form» die Windenergie als gute Ergänzung. Von «Geheimplänen», wie Claude Wuillemin die Übersichtskarte des Baudirektors Martin Neukom zu potenziellen Windkraft-Standorten nannte, wollte Glättli nichts wissen: Bereits im vergangenen Herbst seien Informationen über die Potenzialgebiete herausgegeben worden. Zudem erinnerte er daran, dass jede und jeder einzelne mit mehr Energieeffizienz einen Beitrag leisten könne, um den Energieverbrauch zu reduzieren, selbst wenn sich der Interessenskonflikt nicht wegdiskutieren lasse: «Wenn wir Energie wollen, müssen wir sie auch produzieren», resümierte Glättli: «Man kann das Fell des Bären nicht waschen, ohne dass man es nass macht.»
Lieber neue Atomkraftwerke bauen
Susanne Brunner sah die Angelegenheit freilich etwas anders: «Ich habe das Gefühl, wir haben beim Strom völlig den Verstand verloren», sagte sie mit Blick auf die Energiepolitik des Bundes, die sich längstens «als grundfalsch» erwiesen habe: Etwa die Berechnungen des zukünftigen Energiebedarfs, der sich als viel zu tief herausgestellt habe. So sei der Kanton Zürich nun «in der Hektik» zum Windkanton ausgerufen worden, 120 Anlagen an 46 Standorten wurden evaluiert, obwohl dem Kanton Zürich in einer Studie aus dem Jahr 2014 nur ein geringes Potenzial für Windkraft attestiert worden sei. «Die Windkraft belastet Mensch und Tier und zerstört Landschaften. Dabei können mit 120 Anlagen bestenfalls sieben Prozent des Bedarf gedeckt werden. Das steht in keinem Verhältnis», fand Brunner. Als Lösungsansätze zählte sie zwei Punkte auf. Erstens: neue Atomkraftwerke bauen. Zweitens: Die Windkraft im Kanton Zürich (und wenn möglich in der ganzen Schweiz) verhindern.
Drei mal so hoch wie der Kirchturm
Im Anschluss nahmen die beiden zu Fragen aus dem Publikum Stellung. Auch AKW kamen nochmals zur Sprache: Susanne Brunner argumentierte, günstige und zuverlässige Bandenergie, auf welcher der Wohlstand der Schweiz auch baue, könnten nur AKW liefern. Glättli argumentierte, nicht zuletzt aus wirtschaftlicher Sicht seien Kernkraftwerke keine Lösung für aktuelle Probleme: Die geltende Rechtslage sehe den Bau nicht mehr vor, Rückbaukosten seien bisher kaum bezifferbar und selbst wenn eines Tages wieder gebaut würde, wäre ein Milliarden-Kapital über Jahre gebunden, das man zwischenzeitlich in erneuerbare Energien hätte investieren können. Aus dem Publikum kamen auch Bedenken wegen der Höhe von Windanlagen. 200 Meter, das sei «dreimal der Kirchturm von Mettmenstetten». Glättli negierte die polarisierende Optik nicht und meinte: «Staumauern sind auch keine ästhetischen Wunderwerke». Er argumentierte mit der Rückbaubarkeit: Mit einer Lebensdauer von 30 Jahren würden Windanlagen – anders als ein AKW – immerhin die Option offen lassen, einst auf dem selben Boden etwas Neues zu schaffen.
«Klimaschutzinitiative» und «OECD-Mindeststeuer» (Podium vom 23. Mai 2023)
Wiederum beste Besetzung zum Podium in Bonstetten
Bericht im Anzeiger aus dem Bezirk Affoltern (31.05.2023)
Die SVP Bonstetten lud zu einem spannenden Podiumsgespräch zu den eidgenössischen Abstimmungen vom 18. Juni 2023
Eine Woche vor dem Anlass musste Nationalrat Balthasar Glättli (Grüne) den Termin leider absagen. Er sorgte aber selbst für Ersatz und delegierte Kantonsrätin Selma L’Orange Seigo (Vize-Präsidentin Grüne Kanton Zürich), nach Bonstetten.
Der Schlagabtausch beim Klima- und Innovationsgesetz kam sofort in Gang. Was sind Fake News, wollte der Moderator wissen? Wie zu erwarten war, stellten beide Kontrahenten die wichtigsten Argumente aus ihrer Sicht dar. Die grosse Frage des Abends blieb aber unbeantwortet: Mauro Tuena von der SVP ist sehr skeptisch, ob die Forschung uns bis 2050 ein «fossilfreies Leben» garantieren kann. Frau L’Orange Seigo hingegen ist sehr optimistisch, dass es gelingt Lösungen zu finden. Ein Votant sagte zum Schluss: «Es gibt nur eine Erde, tragen wir Sorge dazu. Wir haben schon viel Zeit verloren». Die SVP Schweiz hat an der DV die Nein Parole beschlossen.
Zur OECD-Mindeststeuer waren sich Nationalrat Fabian Molina (SP) und Nationalrat Thomas Matter (SVP) grundsätzlich einig. Es braucht diese Steuer, damit das Geld in der Schweiz bleibt. Auf die Frage warum er immer noch unzufrieden sei, obwohl jetzt die Grosskonzerne endlich zur Kasse gebeten werden sagte Fabian Molina: «Es ist eine Schlaumeierei wie das Geld verteilt wird». Die 75 % für die Kantone und 25 % für den Bund, sei ein NO GO, das Geld komme somit wieder zu den Grossfirmen in den ohnehin finanzstarken Kantonen. Thomas Matter konterte, dass alle Kantone dank dem Finanzausgleich profitieren werden. Die SVP Schweiz hat an der DV die Ja Parole beschlossen.
Als Dank für ihr Erscheinen, durften alle vier Referenten die Bühne für eigene Werbung ihrer Nationalratskandidatur im Herbst nutzen.
Einige der über 40 Personen nutzten die Gelegenheit, sich nach dem Anlass mit allen Politikern in gemütlicher Runde etwas auszutauschen zu können.
Kantonsrats- und Regierungsratswahlen 2023 (Podium vom 17. Januar 2023)
Wahlkampf im Zeichen der Konkordanz
Bericht im Anzeiger aus dem Bezirk Affoltern von Bernhard Schneider (20.01.2023)
Die SVP Bonstetten lud zu ihrer Wahlkampf-Veranstaltung vom Dienstag fünf ihrer eigenen Kandidatinnen und Kandidaten für den Kantonsrat ein sowie je eine Vertretung von sechs anderen Parteien, die sich am 12. Februar um Sitze bewerben. Applaus erhielten alle.
Der älteste Kandidat eröffnete den Vorstellungsreigen: Kurt Meister, Mitte, bezeichnet den Einsatz für Betagte und Menschen mit Beeinträchtigung als seinen politischen Schwerpunkt. Er sei ein Anhänger der Konkordanz, in der alle gemeinsam nach Lösungen suchten. Ihm folgte der Jüngste auf dem Podium: Dominic Täubert, Co-Präsident der Jungen EVP Schweiz, setzt sich ein für den Schutz der Schöpfung, der Biodiversität, des Klimas, der Familien: «Ich politisiere auf der Basis christlicher Werte, dies beinhaltet auch Nächstenliebe gegenüber diskriminierten Randgruppen wie beispielsweise Prostituierten.»
Umwelt und Wirtschaft verbinden
Der Bonstetter Gemeinderat Roger Schuhmacher, GLP, gehört dem Vorstand von Solar Bonstetten an. Ihn überzeuge an der GLP, dass sie die Anliegen von Umwelt und Wirtschaft miteinander verbinde, denn nur wirtschaftliche Lösungen wirkten nachhaltig. In der aktuellen weltpolitischen Lage zeige sich, dass Energie- und Sicherheitspolitik eng miteinander zusammenhingen. Deshalb betreffe Nachhaltigkeit alle Politikbereiche, namentlich auch die Finanzpolitik. Nachhaltig sei auch eine regionale Infrastruktur, deshalb stehe die GLP mit Überzeugung hinter dem Spital Affoltern.
Thomas Schweizer, Kantonsrat der Grünen, gehört der Kommission für Planung und Bau an. Als Hauptanliegen bezeichnet er wohnliche Dörfer mit Tempo 30 für den motorisierten Verkehr sowie direkte, schnelle und sichere Fuss- und Radverbindungen. Primär gehe es ihm um die Sicherheit, wobei viele entsprechende Massnahmen auch die Lärmbelastung reduzierten. Der Sicherheit diene auch eine Verbesserung des öffentlichen Verkehrs, beispielsweise mit einem durchgehenden Taktfahrplan auch für kleine Dörfer wie Maschwanden und Rossau.
Emma Ayubi, Kantonsratskandidatin der SP, setzt sich für ein gutes Zusammenleben aller Menschen im Einklang mit der Natur ein: «Es soll nicht nur für Privilegierte möglich sein, im Bezirk Affoltern aufzuwachsen oder hier alt zu werden.» Deshalb seien bezahlbare Mieten ein wichtiges Anliegen der SP, ebenso Prämienverbilligungen. Alle hätten ein Recht, in einer intakten Umwelt zu leben, deshalb engagiere sich ihre Partei für Umwelt- und Klimaschutz.
Als ihre wichtigsten Anliegen bezeichnet Tamara Fakhreddine, FDP, Bildung sowie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Sie selbst habe als Mutter von drei Kindern immer gearbeitet. Der Schutz der Umwelt verlange nach einer intakten Wirtschaft, die den dazu erforderlichen Wohlstand schaffe. «Ich bin ein Und-Mensch», erklärte sie, wolle immer den «Fünfer» und das «Weggli». In der Politik heisse dies, vermeintliche Gegensätze wie Familie und Arbeit, Umwelt und Wirtschaft aufzulösen.
Kontroverse Diskussionen gewohnt
Im Anschluss an die Kandidatinnen und Kandidaten der anderen Parteien eröffnete Miriam Fischer Wolf die Vorstellungsrunde der SVP. Ihr Mann sei Jurist und Mitarbeiter des grünen Regierungsrats Neukom: «Ihr könnt euch vorstellen, wie turbulent unsere Diskussionen zu Hause manchmal sind.» Sie hat den Weg über Berufsbildung und Fachhochschule zur Hochschule gewählt und setzt sich ein für die Weiterentwicklung unseres vielfältigen Bildungssystems. Der dreifachen Mutter, die als Compliance Officer bei einer Grossbank arbeitet, ist die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ein wichtiges Anliegen.
Die Bäuerin Ursula Junker war Gemeinderätin in Mettmenstetten und befasste sich in dieser Funktion mit der Umsetzung der Asylpolitik: «Was macht man, wenn der Bund vorgibt, dass innert 48 Stunden Platz für eine bestimmte Anzahl Asylbewerberinnen und -bewerber geschaffen werden muss?» Als Bäuerin sei ihr zudem der Erhalt von Ackerland ein Anliegen, um möglichst viele Nahrungsmittel selbst herzustellen. Bezüglich Biodiversität sieht sie die privaten Gärten in der Pflicht.
Urs Gmür wirkt seit dem Studium in der Energiebranche: «Wir brauchen starke KMU, die Arbeitsplätze für die hiesige Bevölkerung schaffen. Ohne sie können wir unsere Energieinfrastruktur nicht ausbauen.» Hans-Ulrich Bigler, Direktor des Schweizerischen Gewerbeverbands, betrachtet die Wirtschaft als grün: «Wir brauchen keine Gebote und Verbote, sondern Eigenverantwortung der Unternehmen.» Deshalb müsse man die KMU mit Deregulierung entlasten.
Kantonsrat Marc Bochsler ist in Wettswil aufgewachsen. Er strebt tiefe Steuern ohne Leistungsabbau an. Wenn Unternehmen, Bauernbetriebe und Bevölkerung mehr Geld in der Tasche hätten, sei dies möglich. Der Staat müsse Prioritäten setzen, namentlich beim dualen Bildungssystem, dem Grundpfeiler unseres Wohlstandes. Tempo 30 auf Hauptstrassen lehne er ab.
Zwei Regierungsratskandidatinnen im Gespräch über Gesundheit, Schule und Weltpolitik
Bericht im Anzeiger aus dem Bezirk Affoltern von Bernhard Schneider (20.01.2023)
Auf Einladung der SVP Bonstetten diskutierten am Dienstag die Regierungsratskandidatinnen Nathalie Rickli, SVP, und Priska Seiler Graf, SP. Einig waren sie sich in einem Punkt: Sowohl im Gesundheitswesen als auch in der Schule wünschen sich Fachkräfte vor allem bessere Arbeitsbedingungen.
Gesprächsleiter Claude Wuillemin holte die SVP-Regierungsrätin und die SPNationalrätin vor allem dort ab, wo sie aktuell politisch tätig sind. Die Antworten von Nathalie Rickli betrafen daher primär die Gesundheitspolitik des Kantons Zürich, während sich Priska Seiler Graf ausführlich zu nationalen Themen äusserte.
Vereinbarkeit von Familie und Beruf
Nathalie Rickli will die Pflegeinitiative fristgerecht umsetzen. Allerdings warnte sie: «Die Initiative hat zu viele Erwartungen geweckt. Den Personalmangel können wir nicht von einem Tag auf den anderen beseitigen.» Dies liege an verschiedenen Entwicklungen, unter anderem auch am Wunsch einer zunehmenden Zahl pflegender und medizinischer Fachkräfte nach Teilzeitarbeit. Wichtiger als Lohnmassnahmen seien daher Angebote zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Nach Corona hätten die starke Grippewelle und das RS-Virus das Gesundheitswesen stark belastet, dennoch sei die Situation besser als viele mediale Schlagzeilen suggerierten: «Die Situation ist stabil dank des Einsatzes der medizinischen und pflegenden Fachkräfte.»
Keine Waffen für die Ukraine
Priska Seiler Graf lehnt die Lieferung von Munition und Waffen aus der Schweiz an die Ukraine nach wie vor ab. Die Neutralitätspolitik habe sich zwar immer wieder geändert, doch sie wolle daran festhalten, dass die Schweiz keine Waffen in ein Kriegsgebiet liefern dürfe. Die Neutralität mache unser Land aber dank der Tradition des humanitären Engagements glaubwürdig. Die Sanktionen gegen die Verletzung des Völkerrechts durch Russland befürworte sie, denn «wir sind die Hüterin des Völkerrechts». Die Schweiz könne die Ukraine anders als mit Waffen unterstützen und sich als Vermittlerin einbringen, um die Friedensbedingungen zu diskutieren.
Pandemie stärkte Krisenresistenz
Als sich Nathalie Rickli vor vier Jahren entschied, Gesundheitsdirektorin zu bleiben, habe sie noch nichts von der Corona-Pandemie ahnen können. Nun wisse sie, dass sie krisenresistent sei und die Probleme im Gesundheitswesen, die noch einer Lösung harren, kenne. Beispielsweise in der Digitalisierung stünden grosse Schritte an. Als Mitglied des Regierungsrats wolle sie zudem weiterhin einen Beitrag zur Stabilität des Kantons Zürich halten. Gerade die Pandemie habe gezeigt, dass viele Unternehmen selbstverantwortlich innovative Strategien entwickelt hätten, statt nach dem Staat zu rufen. Sie wolle dazu beitragen, dass der Spielraum für private Initiativen vergrössert werde, statt Staatsbeiträge weiter auszubauen.
Kommunale Angebote vereinheitlichen
Priska Seiler Graf kritisiert, dass viele Unterstützungsmassnahmen vom Zufall abhingen, wie grosszügig die jeweilige Wohngemeinde gerade sei. Hier müsse der Kanton Standards schaffen, um die Leistungen aller Gemeinden zu vereinheitlichen. Vor allem aber wolle sie den Mangel an Lehrpersonen angehen. Mit Blick auf die Umfrage, die ein Kopf-anKopf-Rennen zwischen ihr und Bildungsdirektorin Silvia Steiner prognostiziert, meinte sie, im Gegensatz zu dieser sei sie der Meinung, dass das Problem vor allem mit den Arbeitsbedingungen zusammenhänge. In der Bildungsdirektion bleibe zu vieles liegen, und: «Die letzten Bildungsreformen waren jeweils verkappte Sparvorlagen.»
Ein Thema, das Nathalie Rickli besonders beschäftigt, da sie es aus eigener Erfahrung kenne, sind psychische Probleme Jugendlicher, die mit der Pandemie, aber auch unter dem Einfluss von Schönheitsidealen, die auf Social Media vorgespielt werden, zugenommen haben: «Wir arbeiten daran, doch die Eltern sind ebenso gefordert.»
«Gerechtigkeitsinitiative» (Podium vom 8. November 2022)
FDP und SVP im Streitgespräch
Bericht im Anzeiger aus dem Bezirk Affoltern (15.11.2022)
Gerechtigkeitsinitiative: Die SVP Bonstetten lud zum Podium
Zum Start des Abends präsentierte Yannick Hälg, JSVP Kanton Zürich, die AntiChaoten-Initiative. Um was geht es? Wer Kosten durch Blockaden oder Demonstrationen verursacht, soll künftig zur Kasse gebeten werden. Anschliessend durften sich die SVP-Kandidaten für die Kantonsratswahlen 2023 vorstellen.
Danach war das Interesse auf das Hauptthema des Abends gerichtet. Beginnen durfte SVP-Kantonsrat Martin Hübscher. Gekonnt und prägnant erklärte er dem Publikum, warum die SVP die Initiative lanciert hat. Ziel ist eine Erhöhung des Steuerabzuges der Krankenkassenprämien um 1000 Franken pro Person und ein zusätzlicher Abzug von 200 Franken pro Kind. Dieser Betrag soll indexiert werden. Im Vergleich zu unseren Nachbarkantonen tragen wir Zürcher im Durchschnitt die höchste Prämienlast. Gleichzeitig können wir aber am wenigsten von den Steuern abziehen.
Dagegen wehrte sich FDP-Kantonsrätin Arianne Moser vehement: «Wir wollen keine Lösung nach dem Giesskannenprinzip. Wir wollen uns dafür einsetzen, dass die Prämien nicht mehr weiter steigen.» Zu diesem Punkt gab ihr sogar ihr Kontrahent recht. Aber hier gehe es nicht darum, den Prämienanstieg zu stoppen. Von Giesskannenprinzip könne nicht die Rede sein. Die meisten Voten des Publikums richteten sich gegen die FDP, die sich das Wort Steuersenkung auf die Fahne geschrieben habe, aber diese Initiative nicht unterstütze.
Martin Hübscher kämpfte bei seinem Schlussvotum vehement für ein Ja, weil mit dem Prämienschock
(Kanton Zürich + 7,1 Prozent) und dem Anstieg der Energiepreise für Öl, Gas und Benzin, der Moment gekommen sei, den Mittelstand zu entlasten. Personen
mit tieferem Einkommen profitieren aus heutiger Sicht bereits von einer Prämienverbilligung.
Beim Wahlapéro vom 27. November wird sich zeigen, welche Argumente überzeugten.
«AHV-Reform» und «Massentierhaltungs-Initiative» (Podium vom 30. August 2022)
Spannende Diskussion am Podium Bonstetten
Bericht im Anzeiger aus dem Bezirk Affoltern von Marianne Voos (02.09.2022)
Die Zeit verging im Fluge, denn die Diskussionen zu den Vorlagen Massentierhaltungs-Initiative und AHV-Reform waren informativ, kontrovers und manchmal hitzig. Zur Podiumsdiskussion am vergangenen Dienstag hatte die SVP Sektion Bonstetten eingeladen.
Gegen 60 Personen kamen am vergangenen Dienstagabend in den Bonstetter Gemeindesaal – Frauen und Männer aus allen Altersgruppen und verschiedener politischer Couleur. Die SVP Sektion Bonstetten hat es sich zur Tradition gemacht, vor jeder Volksabstimmung zu einer Podiumsdiskussion einzuladen. Präsident Claude Wuillemin freute sich, an diesem Anlass vier hochkarätige Politikerinnen und Politiker vorzustellen. Zur AHV-Reform vertraten die Nationalrätinnen Barbara Steinemann (SVP) und Priska Seiler Graf (SP) ihre Meinungen. Über die Massentierhaltungs- Initiative debattierten alt Kantonsrat Hans Wiesner (GLP) und Nationalrat Martin Haab (SVP).
Die Diskussion über die AHV-Reform verlief moderat. Befürworterin Barbara Steinemann erklärte, dass die AHV durch unsere steigende Lebenserwartung ein grosses Defizit schreibe. Eine strukturelle Anpassung dränge sich auf. «Die Reform hat eine Verbesserung zur Folge für alle, die nach 65 länger arbeiten. Positiv ist auch die Flexibilität des Rentenalters.» Gleichstellung bedeute, das Rentenalter 65 zu unterstützen. Priska Seiler Graf konterte, dass die Reform auf dem Buckel der Frauen ausgetragen werde und mehr Arbeitslose zwischen 60 und 65 die Folge seien. «Es ist jetzt nicht der richtige Moment für eine Mehrwertsteuererhöhung. Zudem werden die Leute zwar älter, aber auch produktiver.»
Frauen in der Opferrolle?
Die beiden Politikerinnen diskutierten angeregt, der Ball ging hin und her. Die SP-Politikerin wies auf das tiefe Lohnniveau der Frauen hin, ihre Kontrahentin betonte hingegen, dass es in dieser Hinsicht keine Diskriminierung zwischen Frauen und Männern gebe und, dass die Arbeitslosigkeit nichts mit der AHV-Reform zu tun habe.
Auch das Publikum kam zu Wort. Die Fragen richteten sich vor allem auf die Zukunft. «Was ist in 20 oder 40 Jahren? » Barbara Steinemann erklärte: «Ohne die Reform wird noch mehr auf dem Buckel der Jungen lasten, denn dann haben wir 40 Prozent mehr Rentner. » Dem entgegnete Priska Seiler Graf: «Es gibt alternative Lösungen, die AHV zu finanzieren.» Eine Frau aus dem Publikum äusserte engagiert: «Ich habe in meinem Leben viel Freiwilligenarbeit geleistet und will bis 65 arbeiten. Und ich will nicht in die Opferrolle gesteckt werden.»
Für das Tierwohl
Am zweiten Teil des Abends sassen zwei Männer auf der Bühne. Es wurde emotionaler, denn es ging nicht mehr um Gelder, sondern um Tiere und ihr Wohlergehen. Hans Wiesner, Befürworter der Massentierhaltungs-Initiative, gab in seinem ersten Votum Gas. «Wir haben das beste Tierschutzgesetz, doch das gilt nur für Haustiere, nicht für Nutztiere. Es gehe bei dieser Initiative um das Tierwohl der Nutztiere. Er ging hart mit der Schweinehaltung ins Gericht: «Diese armen Tiere leben auf dem Betonboden in ihrem Kot und sehen das Tageslicht erst auf dem Weg zum Schlachthof.» Die Fleischpreise würden bei der Annahme der Initiative um 11 bis 20 Prozent ansteigen, aber Fleisch essen sei kein Menschenrecht, sondern Luxus. Er ging auch auf die verschiedenen Labels ein und klagte an, dass das Angebot an Labelfleisch in den Geschäften zu gering sei. Einen Biocervelat finde er nur mit Mühe im Regal.
Landwirt Martin Haab stellte klar, dass die Hauptbetroffenen der Initiative die Geflügelhaltenden seien. «Die Initiative ist völlig unnötig, sogar schäbig. Unser heutiges Tierschutzgesetz verlangt bereits Tierwürde, auch für Nutztiere. Das wird auch sehr strikt kontrolliert. » Die Initiative sei ein Affront für alle Bauern, die sich 365 Tage um das Wohl ihrer Tiere kümmern. Bei einer Annahme der Initiative würden viele Bauern aus der Fleischproduktion aussteigen. «Massentierhaltung gibt es hier nicht, in der Schweiz haben wir schon lange Höchsttierbestände.» Er berichtete von Erlebnissen im Ausland und informierte, dass es dort sogar für Biobetriebe keine Beschränkung der Tieranzahl gebe.
Wie geht das mit dem Import?
Die Diskussion verlief hitzig, die beiden Politiker schenkten sich nichts. Ein zentraler Punkt war der Import. Martin Haab erklärte, dass bei einer Annahme der Initiative unser Fleisch um 40 Prozent teurer und der Fleischimport ansteigen werde. «Dann müssen wir auf Fleisch zurückgreifen, das ohne unser Tierschutzgesetz produziert wurde.» Hans Wiesner hingegen berichtete von schönen Begegnungen mit ausländischen Bauern in Deutschland oder Österreich, wo zum Beispiel glückliche Schweine in Freilandhaltung leben. Dem konterte Martin Haab: «Wenn du glaubst, dass Bauern im Ausland nach unsern Normen produzieren, muss ich dich enttäuschen. Das wirst du nicht finden.» Frau und Herr Schweizer werden auch nach wie vor über die Grenze reisen und dort billiges Fleisch einkaufen. Die Importdiskussion betraf auch die Eier, deren Schweizer Produktion bei einer Annahme der Initiative stark einbrechen würde.
Das Publikum redete engagiert und emotional mit. Eine Frau empfahl Hans Wiesner, sein Fleisch direkt beim Bauern zu kaufen. «Das tue ich ja bereits», erwiderte dieser. Ein anderer Besucher war der Überzeugung, dass sich ausländische Fleischproduzenten gerne an unsere Normen halten würden, wenn sie dann ihre Produkte zu gutem Preis verkaufen könnten. Eine andere Äusserung war: «Die Konsumenten müssen bereit sein, mehr zu bezahlen für das Fleisch.»
Die beiden Politiker fassten in ihrem Schlussvotum nochmals ihre Überzeugung zusammen. Hans Wiesner: «Es geht um das Tierwohl. Wir wollen kein Fleisch von Tieren, die elendiglich gehalten werden. Daher ein Ja für die armen Schweine.» Martin Haab: «Das Wohl von Tieren hängt nicht von der Grösse der Herde ab, sondern von der professionellen Haltung. Daher ein Nein zur unnötigen Initiative.»
Gesundheitsversorgung im Kanton Zürich und «Widerspruchslösung – Organspende» (Podium vom 26. April 2022)
Podium Bonstetten mit aktuellen Informationen zur Gesundheitsversorgung
Bericht im Anzeiger aus dem Bezirk Affoltern von Livia Häberling (28.04.2022)
Am vergangenen Dienstag lud die SVP Bonstetten zu einem Polit-Abend ein. Während die Nationalratsmitglieder Doris Fiala und Gregor Rutz zum Transplantationsgesetz Stellung bezogen, sprach Regierungsrätin Natalie Rickli über die Gesundheitsversorgung im Kanton Zürich – und über das Spital Affoltern.
So viel Publikum! Claude Wuillemin, Präsident der SVP Sektion Bonstetten, lächelte selig, als er ein paar Minuten vor Podiumsbeginn durch den vollen Gemeindesaal schwirrte. Dreimal schon hatte er die Zürcher Gesundheitsdirektorin nach Bonstetten eingeladen – und dreimal eine Absage erhalten. Doch, plauderte Wuillemin bei der Anmoderation, habe er gelernt, den Bettel bei Zurückweisung nicht gleich hinzuschmeissen.
Und voilà, da war sie nun: Natalie Rickli. Eingeladen, um über die Gesundheitsversorgung im Kanton Zürich zu reden, und dies zu einem Zeitpunkt, zu dem sich viele Menschen im Säuliamt Antworten von ihr wünschen, ob und wie es mit dem Spital Affoltern weitergeht.
Nach einleitenden Worten zur Pandemiepolitik umriss die Gesundheitsdirektorin die Arbeit ihres Departements und ging auf die Herausforderungen in der Gesundheitspolitik näher ein. Dazu gehöre zum einen der demografische Wandel, der mehr medizinische Behandlungen mit sich bringe und die Kosten steigen lasse. Zum anderen seien aber auch medizintechnische Fortschritte zu berücksichtigen oder die Verlagerung von stationär zu ambulant.
Für die Spitalplanung stehe deshalb in den kommenden zehn Jahren die integrierte Versorgung im Fokus. Zugleich wolle man Leistungen mit speziellen Anforderungen an Personal und Infrastruktur möglichst konzentrieren, um Qualität und Effizienz zu steigern. «Das Resultat all dieser Überlegungen», so Rickli, «sind die provisorischen Spitallisten, die der Regierungsrat Mitte März in die Vernehmlassung gegeben hat.»
Zuversichtlich, den Standort zu erhalten
Im Bereich Akutsomatik seien im Kanton Zürich künftig 24 Standorte geplant. Der prognostizierte Bedarf könne damit in allen Bereichen gut abgedeckt werden, so Rickli, schliesslich sei es auch Aufgabe der Gesundheitsdirektion, mit den jährlich 1,5 Milliarden Steuergeld verantwortungsvoll umzugehen. «Und aus dieser Perspektive braucht es das breite Angebot des Spitals Affoltern in der stationären Grundversorgung nicht.»
Ihr sei bewusst, sagte Rickli, dass dieser Entscheid im Säuliamt für Aufregung gesorgt habe: «Damit haben wir gerechnet, und ich kann das nachvollziehen.» Doch die Zahlen zeigten eben auch: Zwischen 2016 und 2020 hätten sich im Bereich Grundversorgung nur noch 40 Prozent der Patientinnen und Patienten aus der Region im Spital Affoltern behandeln lassen. In Spezialbereichen wie Hals-Nasen-Ohren-Chirurgie oder Atemwegserkrankungen seien es knapp 30 Prozent. Und bei komplexen Operationen an Bauchorganen oder bei Krebsbehandlungen nicht einmal 10 Prozent. Bei fehlender Routine leide irgendwann die Qualität. Deshalb gehöre es zur Strategie, gewisse Behandlungen künftig in ausgewählten Spitälern zu konzentrieren.
Obwohl für das Spital Affoltern im Bereich Akutsomatik kein unbefristeter Leistungsauftrag mehr vorgesehen sei, sollten die Trägergemeinden die Gelegenheit erhalten, sich über die Zukunft ihres Betriebs Gedanken zu machen. «Wir haben dem Spital Affoltern gesagt, dass wir sie unterstützen und gemeinsam einen Weg suchen möchten», so Rickli. Ein neues Arbeitspapier, das sich auf Psychiatrie, Palliative Care und Geriatrie konzentriere, liege vor. «So könnte das Spital Affoltern auch weiterhin einen wichtigen Beitrag zur Gesundheitsversorgung leisten.» Zum neuen Arbeitspapier habe das Spital Affoltern zusammen mit der Gesundheitsdirektion ein konkretes Konzept ausgearbeitet. Mit einer klaren Fokussierung auf die Stärken sei sie zuversichtlich, dass man eine Lösung finden werde.
Ebenfalls anwesend war Spitaldirektor Lukas Rist. Er meldete sich im Anschluss zu Wort und zeigte sich dankbar für den Austausch und die Debatte rund um die Zukunft des Spitals. Nun habe man die Gelegenheit, einen Plan zu entwickeln, um im Rahmen der integrierten Versorgung auch weiterhin für die Bevölkerung da zu sein. Zwar sei man mitten in Verhandlungen, doch sagte Lukas Rist: «Ich bin zuversichtlich, dass wir den Standort erhalten können.»
Im zweiten Teil des Abends äusserten sich Doris Fiala und Gregor Rutz zum geänderten Transplantationsgesetz, das am 15. Mai vors Volk kommt. Doch zuerst entliess Claude Wuillemin die Gäste in eine Pause. «Nicht zum Lüften», sondern weil man am Verpflegungsstand «ächli Waar» verkaufen wolle, wie er mit jovialem Pragmatismus betonte.
Hitzige Diskussionen zu den Änderungen im Transplantationsgesetz blieben aus
Die beiden Nationalratsmitglieder Gregor Rutz und Doris Fiala vertraten zur geplanten Widerspruchslösung unterschiedliche Positionen. Trotzdem blieb der Schlagabtausch aus – dafür war man sich dann doch zu einig.
Nach der Imbisspause begrüsste Claude Wuillemin die beiden Nationalratsmitglieder Doris Fiala und Gregor Rutz auf der Bühne. Doch bevor das Gespräch zu den Änderungen im Transplantationsgesetz startete, wurden Geschenke verteilt: Fiala, die im Engadin wohnt und der Wuillemin eine «charmante Art» attestierte, «um ihre Gegner zu paralysieren», überreichte er ein Engadiner Nusstörtchen. Für Rutz, der tags zuvor am Zürcher Sechseläuten gefeiert hatte, gabs eine Schachtel Alka Seltzer.
Sollen Menschen ab 16 Jahren in der Schweiz automatisch zu Organspenderinnen und -spendern werden, wenn von ihnen kein anderslautender, dokumentierter Wille vorliegt? Darüber entscheiden die Stimmberechtigten am 15. Mai. Heute gilt bei der Organspende die sogenannte Zustimmungslösung: Eine Transplantation ist nur möglich, wenn der oder die Verstorbene in die Spende zu Lebzeiten eingewilligt hat oder die Angehörigen auf Anfrage einer Entnahme zustimmen. Bei einem «Ja» würde sich diese Praxis weg von der Zustimmungs- hin zur Widerspruchslösung ändern: Liegt kein anderslautender Wille vor, wird davon ausgegangen, dass die Person mit der Organspende einverstanden ist. Angehörige können eine Transplantation jedoch ablehnen. Sind sie nicht erreichbar, dürfen keine Organe entnommen werden. Die geplanten Änderungen gehen auf eine Initiative der Jeune Chambre Internationale (JCI) zurück, eine politisch und konfessionell unabhängige Non-Profit-Organisation junger Unternehmer und Führungskräfte. Auf die Volksinitiative reagierte der Bundesrat mit einem indirekten Gegenvorschlag, der auch die Angehörigen miteinbezog. Daraufhin zog das Komitee seine Initiative zurück – unter der Bedingung, dass der Gegenvorschlag in Kraft tritt. Das Komitee «Nein zur Organentnahme ohne Zustimmung» hat gegen diesen indirekten Gegenvorschlag das Referendum ergriffen.
Mehr über das Thema Tod reden
Nationalrätin Doris Fiala, die als «Pro»- Stimme eingeladen war, ergriff als Erste das Wort, um ihre Position zu erläutern. Dabei schien es ihr weniger darum zu gehen, die Argumente der Befürworter zu reproduzieren oder jene der Gegner zu entkräften. Zwar wies sie darauf hin, dass in der Schweiz jährlich rund 1400 Personen auf ein Organ warteten, doch ihr Hauptanliegen in ihrem Auftritt lag weniger darin, für ein «Ja» zu werben: «Das Allerwichtigste des heutigen Abends ist für mich, dass wir über dieses Thema reden, das Thema Tod nicht unter den Tisch wischen», sagte sie. «Wenn Sie heute nach Hause gehen und mit Ihren Angehörigen darüber ins Gespräch kommen, hat es sich bereits gelohnt.» Die Gegenposition dazu vertrat Nationalrat Gregor Rutz. Er ging zwar mit Fiala einig, dass man «dringend mehr Spender gewinnen» müsse, die Widerspruchslösung ist aus seiner Sicht allerdings der falsche Ansatz. Mit der «Vergesslichkeit der Leute» zu spielen, also auf fehlenden Widerspruch zu hoffen, sei nicht der richtige Weg. Insbesondere, wenn es dabei um eines der fundamentalsten Freiheitsrechte gehe: die körperliche Integrität. «Da laufen wir in etwas ganz Schwieriges hinein», warnte er. Die vorgeschlagene Lösung öffne Tür und Tor, ähnliche Praxen auch in anderen Bereichen anzuwenden. Die Vorlage kreiere einen «unsichtbaren Druck», nicht «Nein» zu sagen. Deshalb sei sie aus moralischer Sicht abzulehnen. Auch Rutz wünschte sich jedoch, wie Fiala, dass über das Thema mehr geredet wird. Dazu schlug er mehr Aufklärungsarbeit vor. So könnten in der Fahrschule Merkblätter zum Thema verteilt werden. Oder aber man ermögliche es (Haus-)Ärztinnen und Ärzten, die Aufklärungsarbeit als Leistung bei der Krankenkasse abzurechnen.
Selbstbestimmung über den Körper
In der Fragerunde diskutierte man darüber, ob man die Sensibilisierung zum Thema bisher verpasst habe, ab welchem Alter Personen von der Widerspruchslösung betroffen wären (ab 16 Jahren) oder von welcher Quantität letztlich die Rede sei: Also in wie vielen Fällen neu eine Organentnahme möglich wäre, wo sie es bisher nicht ist. Der Tod sei in der Schweiz leider nach wie vor ein Tabuthema, so Fiala. Doch das entbinde die Leute nicht davon, sich über das Thema Gedanken zu machen. Gregor Rutz wies zur Altersfrage daraufhin, dass die Persönlichkeitsrechte eben nicht nur von der Geburt bis zum Tod gälten, sondern bereits davor und auch danach. «Es gibt den Lebenden auch das Recht zu entscheiden, was nach dem Tod passiert.» Zur den Fallzahlen sagte Natalie Rickli in der Diskussion, derzeit würden pro Woche ein bis zwei Personen sterben, weil kein passendes Organ vorhanden sei. Schweizweit warteten im Jahr 2021 rund 1434 Personen auf ein Spenderorgan.
«Pflegeinitiative» und «Energiegesetz» (Podium vom 9. November 2021)
Die Pflegeinitiative und das Energiegesetz waren Themen am Podium Bonstetten der SVP Bonstetten
Bericht im Anzeiger aus dem Bezirk Affoltern von Thomas Stöckli (12.11.2021)
Vor 40 Interessierten kamen am Dienstag im Gemeindesaal Bonstetten SP-Nationalrätin Yvonne Feri, HEV-Präsident Hans Egloff und Thomas Schweizer, Kantonsrat der Grünen, zu Wort.
Drei Jugendliche hat Claude Wuillemin, Präsident der örtlichen SVP und Organisator, besonders begrüsst am PolitPodium im Gemeindesaal Bonstetten: Zwei Schülerinnen der Sek Bonstetten, denen Lehrerin Maria Gutknecht in einem Freifach den Politbetrieb näherbringt, und eine junge SVP-Politikerin aus dem Nachbardorf Birmensdorf. Zunächst durfte aber SP-Nationalrätin Yvonne Feri über die Pflegeinitiative referieren. Deren Hauptziele seien eine Ausbildungsoffensive, Verbesserung der Arbeitsbedingungen und Sicherung der Pflegequalität. Der indirekte Gegenvorschlag beschränkt sich dagegen auf den ersten und letzten dieser drei Punkte und will darüber hinaus bezüglich Ausbildungskosten die Kantone mit in die Pflicht nehmen. Rund 70 000 Pflegende fehlen nach aktuellen Hochrechnungen bis 2029. Darum sei es wichtig, die mit 42 Prozent ausserordentlich hohe Quote der Berufsaussteigenden zu senken, sprach sich Feri für die Initiative aus. Aus dem Saal kritisierte Toni Bortoluzzi, alt SVPNationalrat aus Affoltern, dass Pflegende ihre Leistungen künftig selber verrechnen können: «Das wird zu einem massiven Ausbau von Pflegeleistungen führen.» «Die Leistungen werden heute schon erbracht», hielt Feri dagegen, bisher brauche es einfach noch ein nachträgliches Visum eines Arztes.
Grüner Kantonsrat gegen HEV-Präsident
Zum Referendum gegen das Energiegesetz kreuzten Hans Egloff, Präsident des Hauseigentümerverbands Schweiz, und der Kantonsrat Thomas Schweizer (Grüne, Hedingen) die Klinge. Der zentrale Punkt daraus: Wenn eine Öl- oder Gasheizung das Ende ihrer Lebensdauer erreicht hat, muss sie durch ein klimaneutrales Heizsystem ersetzt werden, also etwa Wärmepumpe, Fernwärme oder Holzheizung. Aktuell seien die Heizungen mit fossilen Energieträgern nämlich für 40 Prozent der klimabelastenden CO2-Emissionen verantwortlich, erklärte Schweizer. Ausnahmen sind vorgesehen, wenn durch ein «sauberes» Heizsystem über die ganze Lebensdauer mehr als fünf Prozent Mehrkosten anfallen oder die Hausbesitzer die Investitionskosten für den Umstieg nicht tragen können. Eine breite Allianz aus sieben von acht Kantonsratsfraktionen steht hinter dem Gesetz, nicht so die SVP – und der Hauseigentümerverband, welcher das Referendum ergriffen hat. Als «völlig missraten» bezeichnete Egloff das Gesetz. Im Gebäudebereich habe sich die Eigenverantwortung bewährt, jährlich werden 10 Mio. Franken in energetische Massnahmen investiert. So sei der Treibhausgasausstoss bereits um 34 Prozent gesunken. Besonders störte sich der HEV-Präsident daran, dass verdiente Eigenheimbesitzer im Pensionsalter als Bittsteller stigmatisiert werden. Noch nicht geklärt sei zudem, wenn bei Stockwerkeigentümern mit gemeinsamer Heizung nur eine Partei Härtefall sei. Weiter müsse eine nach Härtefallregelung erstellte Heizung nach einem Hausverkauf innert drei Jahren ersetzt werden. «Die Wohnkosten werden steigen», drohte Egloff mit Verweis auf zusätzlich nötige energetische Sanierungen. Es sei sicher sinnvoll, die Gebäudehülle zu sanieren, so Schweizer, «aber eine Verpflichtung dazu gibt es aufgrund dieses Gesetzes nicht», widersprach er vehement.
Interessierte Jugendliche
Zwischen dem Referat von Yvonne Feri und dem Streitgespräch zum Energiegesetz hatte eine 14-Jährige ihren grossen Auftritt: Carla Anaba, Vorstandsmitglied der SVP Birmensdorf, schwärmte von Freiheit, Eigenverantwortung und Sicherheit, berichtete den 40 Anwesenden, dass sie ein Interview mit Andreas Glarner zur Politik gebracht hat, und wie sie mit ihren Ansichten zuweilen aneckt, sei es in der Schule oder jüngst an der Jugendsession in Bern. Ihr Interesse an der Politik haben mit der (freiwilligen) Teilnahme am Anlass auch die beiden hiesigen Sekundarschülerinnen Géraldine (14) und Elsa (15) bekundet. Sich mit den jeweils besten Argumenten von beiden Seiten selber eine Meinung bilden können – mit dieser Erwartung seien sie in den Gemeindesaal gekommen, verrieten sie nach der Veranstaltung. «Politik geht alle etwas an», hielten sie fest, «auch uns Jugendliche.»
«99% Initiative» und «Ehe für alle» (Podium vom 2. September 2021)
Duell der Nationalräte in Bonstetten – Katharina Prelicz-Huber und Alfred Heer diskutierten die «99-Prozent-Initiative»
Bericht im Anzeiger aus dem Bezirk Affoltern von Thomas Stöckli (07.09.2021)
Am 26. September stimmt die Schweizer Bevölkerung über zwei Vorlagen ab. Im Gemeindesaal Bonstetten wurden am Donnerstag beide diskutiert. Zur «99-Prozent-Initiative» kreuzten Alfred Heer und Katharina Prelicz-Huber die Klingen.
Er habe schon etwas Ehrfurcht, verriet Claude Wuillemin, Moderator und Präsident der SVP Bonstetten, die am Donnerstag zum Podiumsgespräch eingeladen hatte, angesichts der politischen Schwergewichte, die auf der Bühne Platz genommen hatten. Sie sei direkt, aber immer mit Anstand, ihn habe er auf dem Fussballplatz kennen gelernt und ihm eine gelbe Karte wegen Reklamierens zeigen müssen, stellte Wuillemin die beiden Nationalräte, Alfred Heer (SVP) und Katharina Prelicz-Huber (Grüne) vor. Die Vermögensungleichheit in der Schweiz bremsen, indem die Kapitaleinkommen des reichsten Prozents durch Dividenden, Aktiengewinne und Zinsen 1,5-mal so hoch besteuert werden wie Arbeitseinkommen. Das ist die Idee hinter der Initiative, die am 26. September zur Abstimmung kommt. Zusätzliche 10 Milliarden Steuereinnahmen erhoffen die Initianten davon. Sie sollen die tiefen und mittleren Einkommen entlasten.
Würden die Schwerreichen vertrieben?
Bevor eine Kuh sich zu Tode melken lasse, suche sie sich doch einen anderen Stall. Mit diesem tierischen Vergleich lancierte der Moderator die Diskussion zur Vorlage. «Die Kuh steht aber im europäischen Vergleich immer noch im besten Stall», nahm Prelicz-Huber das Bild auf. Die 99-Prozent-Initiative finde sie sympathisch, pragmatisch, bescheiden und erst noch sozial und gerecht. Betroffen seien nur ein Prozent, die «Superreichen». Wenn deren Kapitalgewinne höher besteuert werden, komme das allen zugute, betonte sie. Das Prozent der Reichsten zahle jetzt schon am meisten Steuern, hielt Alfred Heer dagegen. Zudem sei das Geld in Firmen gebunden: «Damit werden Arbeitsplätze geschaffen!» Weiter störte er sich an der – angedachten, aber nicht im Initiativtext aufgeführten – Schwelle von 100 000 Franken: Wenn ein KMU an die nächste Generation weitergehen soll, und die Geschwister des Erben ausbezahlt werden müssen, sei diese Schwelle bereits überschritten. So befürchte er, dass die neue Steuer den Wirtschaftsstandort schwäche und die Innovationskraft abwürge. «Umverteilung führt zu mehr Armut», hielt Heer fest und betonte: «Wir brauchen keine sozialistischen Experimente in der Schweiz.»
Mehr Gerechtigkeit oder sozialistisches Experiment?
Das sei eine reine Angstkampagne, konterte Prelicz-Huber und führte vor Augen, dass 43 Prozent des Gesamtvermögens in der Schweiz bei einem Prozent Superreichen konzentriert seien. Allein diese sollen betroffen sein und nicht die KMU. Wie sich das gewährleisten lässt, das habe dann das Parlament bei der Ausarbeitung des Gesetzes in der Hand. Wenn Kapitalgewinne versteuert werden, dann müsse man im Umkehrschluss auch Kapitalverluste abziehen können, warf aus dem Publikum SVP-Kantonsrat Hans Finsler eine weitere Frage in die Runde, die wohl erst in einem allfälligen Gesetzausarbeitungsprozess geklärt würde. «Das Prozent der Reichsten ein My mehr besteuern für ein My mehr Gerechtigkeit», brachte Katharina PreliczHuber in der Schlussrunde ihre Kernbotschaft für ein Ja noch einmal an die rund 30 Anwesenden im Gemeindesaal. Das Streben nach einer gerechteren Welt sei zwar hehr, so ihr Gegenpart, aber wenn man es übertreibe, erreiche man genau das Gegenteil, so Heer. Es gelte daher, die Schweiz mit einem Nein als reiches Land zu erhalten und nicht KMU, Arbeitsplätze und Steuersubstrat zu vernichten. Das letzte Wort haben die Urnengänger am 26. September. Bei den Anwesenden im Gemeindesaal dürften die Meinungen bereits gemacht gewesen sein.
Diskriminierung oder Differenzierung?
Bericht im Anzeiger aus dem Bezirk Affoltern von Thomas Stöckli (10.09.2021)
Auch die «Ehe für alle» war Thema an der Podiumsdiskussion der SVP Bonstetten Am 26. September stimmt die Schweizer Bevölkerung über zwei Vorlagen ab. In Bonstetten wurden am Donnerstag, 2. September, beide diskutiert. Über die «Ehe für alle» stritten SVP-Politiker Michael Frauchiger und EDU-Kantonsrat Thomas Lamprecht.
Nach der Diskussion über die 99-Prozent-Initiative, vertrat in der zweiten Affiche des Podium-Abends in Bonstetten SVP-Politiker Michael Frauchiger entgegen der Parteiparole das Pro-Lager für die «Ehe für alle», den Kontra-Part übernahm Kantonsrat Thomas Lamprecht (EDU). Nur die Verbindung von Frau und Mann sei Voraussetzung, um Leben weiterzugeben, sprach sich Letzterer gegen eine Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare aus. Auch, weil er befürchte, auf diesen ersten Schritt könnten weitere folgen, etwa die Vielehe oder gar die Abschaffung der Institution Ehe, führte Lamprecht aus. «Keine Diskriminierung, aber Differenzierung», fordert Lamprecht. So sollen statt die Ehe für alle zu öffnen die Rechte für eingetragene Partnerschaften ausgebaut werden. Als «verfassungswidrig» bezeichnete er die Samenspende, auch hier wieder mit Furcht vor einem weiteren Schritt, der – in der Schweiz verbotenen – Leihmutterschaft.
Von «Unfällen» und geplantem Nachwuchs
«Zwei Menschen lieben sich und wollen einen Bund fürs Leben schliessen», das verstehe er unter Ehe, sagte Frauchiger und schob die rhetorische Frage nach: «Wieso soll der Gesetzgeber einem das vorenthalten, nur weil der Partner das gleiche Geschlecht hat?» In der Vorlage gehe es um Gleichberechtigung. Schliesslich sei die Schweiz das zweitletzte westeuropäische Land, in dem er seinen Partner nicht heiraten dürfe. Kein Verständnis hat Frauchiger auch für das geltende Adoptionsrecht: Als lediger Homosexueller dürfe er ein Kind adoptieren, in einer eingetragenen Partnerschaft aber nicht. Während bei Heteropaaren auch ein «Unfall» zu Nachwuchs führen kann, sind Kinder bei Homosexuellen Paaren immer geplant und vorbereitet. «Diesen Kindern wird es an nichts fehlen», so der SVPPolitiker. Und mit den rechtlichen Grundlagen der Schweiz sei für die Kinder auch das Recht gewährleistet, zu erfahren, von wem sie biologisch abstammen – dies im Gegensatz zur Samenspende im Ausland, wie dies bereits praktiziert wird.
Einigkeit in der Ablehnung von Leihmutterschaft
Einig waren sich die Podiumsteilnehmer in ihrer Ablehnung von Leihmutterschaft, die allerdings auch nicht Thema der Vorlage ist. Zu reden gaben im Zusammenhang der Gleichberechtigung allerdings geschlechtsspezifische Unterscheidungen, die nicht mehr zeitgemäss scheinen. Im Sozialversicherungsrecht etwa werden Witwe und Witwer nach wie vor ungleich behandelt, gleiches gilt für die Dienstpflicht. Weiter kann ein Mann nach Gesetz nicht Opfer einer Vergewaltigung sein, ebenso wie eine Frau nicht Täterin sein kann. Erst die eingetragene Partnerschaft, nun die Ehe für alle – aus dem Saal mit dem Vorwurf der «Salamitaktik» konfrontiert, liess sich Frauchiger nicht aus der Ruhe bringen: «Das sind politische Prozesse immer.» Auf eine Bibel-Debatte wollte er sich auf eine Wortmeldung von alt Kantonsrat Hans Peter Häring aus dem Saal allerdings nicht einlassen. «Er respektiere zwar dessen Glauben, so Frauchiger, das dürfe in einem säkularen Staat allerdings kein Thema sein, hielt er fest – und konnte sich einen Seitenhieb nicht verkneifen: Genau genommen müsse man bei der unbefleckten Empfängnis von Maria ja auch von einer Leihmutterschaft sprechen. Ansonsten blieb die Diskussion allerdings betont sachlich. Und dass auch eine Handvoll junger Nicht-SVP-Wähler zum Diskussionsabend gefunden hatten, nahm Claude Wuillemin, Moderator und Organisator, mit Freude zur Kenntnis. Er wertete dies als «Zeichen der Akzeptanz», ehe er das Publikum gegen 21.40 Uhr verabschiedete, mit dem Hinweis aufs nächste Podium im Gemeindesaal im November.
«Pestizid- und Trinkwasser-Initiativen» (Podium vom 6. Mai 2021)
Nicht durchdacht – oder gut für dieAgrarpolitik?
Bericht im Anzeiger aus dem Bezirk Affoltern von Werner Schneiter (11.05.2021)
Für den einen sind Pestizid- und Trinkwasser-Initiativen nicht durchdacht, für den anderen eine gute Basis für die künftige Agrarpolitik. GLP-Kantonsrat Thomas Wirth und Werner Locher, pensionierter Bauer aus Bonstetten, sorgten am Anlass der SVP Bonstetten für eine lebendige Diskussion.
Sie sind unübersehbar, die Plakate auf Feldern und bei Landwirtschaftsbetrieben. «Zweimal Nein zu den extremen Agrar-Initiativen am 13. Juni» heisst es da. Da schwingt natürlich die Angst um Einkommen und Existenz mit. Und Bauern sehen sich an den Pranger gestellt. Sie wehren sich gegen den Vorwurf, durch ihr Handeln der Umwelt zu schaden. GLP-Kantonsrat Thomas Wirth aus Hombrechtikon brach dann zu Beginn der Diskussion über die Trinkwasser- und Pestizid-Initiativen im Bonstetter Gemeindesaal eine Lanze für die Bauern. Das sei eine sehr anspruchsvolle Tätigkeit und mit erheblichen Risiken verbunden – unter anderem bei der Frage der Investitionen oder beim Wetter.
Bauern müssten heute fast Chemiker sein, und sie seien durch eine immense Administration herausgefordert. «Ich habe grosse Achtung; sie versuchen das Beste zu machen», sagte Wirth. Gleichzeitig verwies er aber auf Mängel bezüglich der Biodiversität und auf die Wasserqualität, die zum Teil zu wünschen übrig lasse. Von den 13 Umweltzielen des Bundes sein keines erreicht, diverse Vogelarten seien verschwunden. «Auch Bauern tragen dazu bei», sagte der Befürworter der beiden Initiativen. So könne es nicht weitergehen; jeden Tag würden drei Bauernbetriebe verschwinden, die Selbstmordrate sei hier überdurchschnittlich hoch. Man könne nicht Milliarden ausgeben für Umweltschädigung; mit zweimal Ja zu den Initiativen schaffe man eine gute Basis für eine bessere Agrarpolitik und eine Perspektive für die Landwirtschaft. Gemeinsam nach Lösungen suchen, ist für Wirth das Gebot der Stunde.
Bei der Zulassung nicht sauber gearbeitet
«Ist es dir egal, dass eine Million Menschen in der Schweiz Trinkwasser konsumieren, das Pestizid-Grenzwerte überschreitet?» So die etwas provokante Frage von Moderator Claude Wuillemin an Werner Locher, den pensionierten Landwirt aus Bonstetten. Er sei schockiert gewesen, als er davon gehört habe. Im Glauben, dass in der Schweiz alles geprüft werde, hätten die Bauern gehandelt. Da sei bei der Zulassung nicht sauber gearbeitet worden. Für Locher sind die Bauern dafür nicht verantwortlich. Er sieht darin ein Versagen der Zulassungsstelle.
Weniger Erträge, höhere Preise
Allerdings würden die beiden Initiativen die Probleme nicht lösen. «Sie spalten und machen alle verrückt», fügt er bei. Es gehe um die Ernährung der Bevölkerung. Werde weniger intensiv produziert, sei das mit Rückgang der Erträge und Preisanstiegen verbunden. «Es ist ein Spiel mit dem Feuer», fügte Locher mit Blick auf die aktuell explodierende Getreide-Börse in Chicago bei. Er bezeichnete die Initiativtexte als nicht logisch und nannte ein Beispiel: «Wenn ich die Kartoffeln gegen Krautfäule spritze, werden mir Beiträge für Hochstämme gestrichen.»
Die Trinkwasser-Initiative ziele einseitig auf die Landwirtschaft. Welche Mengen an Pflanzenschutzmitteln brauchen Private und Gemeinden, die letztlich in die ARA fliessen? Davon sei hier nicht die Rede. Die Art der Pestizide sei in den Initiativen nicht definiert. In das Hühnerfutter komme Import-Soja, weil sich sonst die Legeleistung reduziere. Und aus dem Publikum verwies jemand auf den «tonnenweisen Eintrag» von Chemikalien im Rhein, was Wirth mit dem Hinweis auf die grosse Verdünnung der Stoffe relativierte und die Probleme eher in kleinen Bächen sieht. «Die Giftigkeit der Stoffe ist entscheidend, nicht die Menge.»
Niemand wolle den Bauern Schaden zufügen, betonte Thomas Wirth abermals. «Aber wir müssen radikal etwas ändern. Leider hat der Bauernverband immer wieder geklemmt – auch bei den Gegenvorschlägen», so der GLP-Kantonsrat. «Beim Bauernverband gab es bei diesen absurden Vorlagen gar keine andere Möglichkeit als zu sperren», entgegnete Werner Locher. Vom Publikum erhielt er mehrheitlich Zuspruch. Dass bei einem Ja vermehrt Lebensmittel aus dem Ausland importiert werden müssten, wird als Schwäche der Initiativen ausgelegt.
100’000 ha zusätzliche Anbauflächen?
«Was passiert bei einem Ja zur Trinkwasser-Initiative?», wollte der Moderator wissen. «Der konventionelle Gemüsebau besteht weiter. Offen ist die Frage: Werden in der Schweiz die Grossverteiler diese Produkte der Bauern in die Regale stellen?», hält Werner Locher fest. Und bei einem Nein? «Dann gehts weiter so. Das ist schlecht. Es kommt zu noch giftigeren Diskussionen», befürchtet Thomas Wirth.
Bei den Pestiziden gehe es darum, dass nicht davon belastete Ware in die Schweiz komme. Aber bei offenen Grenzen spiele eben vor allem der Preis eine Rolle, nicht die Qualität, sagt Werner Locher. Und: «Was ist mit Pestiziden gemeint? Sind die im Biolandbau eingesetzten Mittel auch gemeint? Sorgen macht mir, dass die Erträge ohne Pflanzenschutzmittel zurückgehen. Das bedeutet, dass 100’000 zusätzliche Hektaren Anbaufläche nötig werden – ich weiss nicht, wo diese Fläche ist», so Locher. Sein Kontrahent wünscht sich ein Gesamtsystem für Bio-Produktion – und dass wir lernen, nicht alles mit Chemie zu lösen, sondern offen sind für neue Prozesse.
Nicht nur immer nach dem billigsten Lebensmittel Ausschau halten und saisonal einkaufen, halt auch einmal nicht perfekt geformte Rüebli. Konsumentinnen und Konsumenten hätten es in der Hand; leider «versteckten» sich die Grossverteiler noch immer hinter jenen, die nach dem Billigsten Ausschau halten.
Auf Importe verzichten, wenn Grenzwerte überschritten sind, vermehrte Kontrollen, aber auch: mit Schuldzuweisungen aufhören – so tönte es unter anderem aus dem Publikum. In seinem Schlussvotum verwies Werner Locher auf die Frühjahrssession in Bern. Dort seien viele Beschlüsse gefasst worden, die gemäss Bundesgesetz über die Verminderung von Risiken durch Pestizid-Einsatz mit vielen neuen Auflagen für Bauern verbunden sind. Diese Risiken sollen bis 2027 halbiert werden.
«Begrenzungsinitiative» (Referat von Christop Blocher vom 31. August 2020)
«Die EU wird die Verträge nicht kündigen»
Bericht im Anzeiger aus dem Bezirk Affoltern von Werner Schneiter (04.09.2020)
In Bonstetten, wo sein Vater als Pfarrer tätig war, warb Christoph Blocher für die Begrenzungsinitiative – wie immer mit viel Verve. Das Publikum – rund 100 Personen – hatte er im Gemeindesaal auf seiner Seite.
Er traf schon bei Türöffnung ein und wurde an den Tischen gleich in Beschlag genommen. «Ich muss Ihnen einen Gruss von meinem Sohn ausrichten; er hat ihnen eine Zeichnung geschickt», sagte ein Zuhörer. Christoph Blocher erinnerte sich nach wenigen Sekunden daran. Rund 20 Veranstaltungen bestreitet er im Vorfeld der am 27. September zur Abstimmung gelangenden Begrenzungsinitiative. In der ganzen Schweiz, wie er anfügt und gleichzeitig bedauert, dass die Zahl der Veranstaltungen virusbedingt beschränkt und die Säle deshalb nicht brechend voll sind – wie sonst immer, wenn der Volkstribun auftritt und von seinen Anhängern fast ehrfürchtig bewundert wird. SVP-Bonstetten-Präsident Claude Wuillemin sagte bei der Begrüssung, er fühle sich wie das Kaninchen vor der Schlange. «Vor einem Jahr habe ich das Ortspräsidium übernommen – und stehe nun gleich dem Doyen der Schweizer Politik gegenüber», sagte er und rief bei der Feststellung, wonach der Redner im Oktober in guter Form 80 werde, Applaus hervor.
Heimspiel in Bonstetten
Tatsächlich präsentierte sich der Alt-Bundesrat in guter Form und wähnte sich in Bonstetten in einem Heimspiel – mit der Feststellung, sein Vater sei hier Pfarrer gewesen, und die Mutter, eine geborene Baur, stamme aus Wettswil – dort, wo sein Grossvater die Ziegelei betrieben hatte. Seinen Exkurs ins Familienleben beendete Blocher mit einer Feststellung, welche die Initialzündung für sein Referat bot: «Das ist Heimat.» Dann holte er aus bei der 1971 knapp abgelehnten Schwarzenbach-Initiative; zu diesem Zeitpunkt war die Zuwanderung geregelt, die Aufenthaltsdauer begrenzt. Die Personenfreizügigkeit gilt seit 2007; zuvor habe die EU gedroht. Damals habe man gesagt, es kommen jährlich 7000 bis 8000; ein Jahr später seien es 100 000 gewesen, dann 80 000 – schliesslich eine Million mehr Einwohner in 13 Jahren. So könne es mit Blick auf die Dichte, Landverschleiss und Infrastrukturbedarf (beispielsweise Schulbauten) nicht weitergehen, so Blocher; nur 20 Prozent, die in die Schweiz kämen, seien Facharbeiter. Der Druck auf den Sozialstaat und die ausufernden Sozialleistungen verursachen nach seiner Auffassung aber auch die Grenzgänger, welche die hohen Schweizer Löhne schätzten. Zu denen zählt Blocher auch jene, die einmal pro Woche nach Hause fahren. Deren Zahl sei von 95000 auf 360000 gestiegen. Das spüre insbesondere der Kanton Tessin, wo Unternehmen aus Italien auch billige Arbeiter «importierten». «Die Schweiz ist das einzige Nicht-EU-Land, das ihre Zuwanderung nicht eigenständig regelt. Macron will das in Frankreich inzwischen ändern», fügte er bei und zitierte auch die nicht umgesetzte Masseneinwanderungs-Initiative.
«En dumme Seich»
Dass die Gegner wegen des Binnenmarkts von einer Notwendigkeit der Bilateralen sprechen, ist für Blocher «en dumme Seich». In diesem Zusammenhang erwähnte er «die geltenden und sehr guten» Freihandelsverträge aus den 70er-Jahren; die EU tätigte 2017 für 150 Milliarden Käufe in der Schweiz, die Schweiz exportiert im gleichen Zeitraum 120 Milliarden in die EU. Die EU habe Interesse an diesen Verträgen und werde sie nicht kündigen, ist Blocher überzeugt. «Aber da werden bei uns Horrorszenarien entworfen und Angst geschürt, auch von Economiesuisse und Bundesrätin Karin Keller-Suter.» Und die Faust nach oben gerichtet, rief er in den Saal: «Wir müssen die Einwanderung selbstständig regeln. Danach hat der Bundesrat ein Jahr Zeit, mit der EU zu verhandeln und Verträge allenfalls kündigen. Aber die EU will nicht verhandeln, und Bern lässt das einfach zu.
«Wenn wir am 27. September verlieren, kommts nicht gut. Aber dann müssen die anderen die Verantwortung übernehmen», hält Blocher fest, auch unter dem Hinweis auf das institutionelle Rahmenabkommen, mit dem wir uns – in der vorliegenden Form – vollkommen in die Wiege der EU legen, fürchtet der Referent. Verträge ja, aber Unabhängigkeit, Selbstbestimmung und Neutralität seien nicht verhandelbar, rief er unter Applaus in den Saal. Das Problem sei, dass die «Classe politique» samt Verwaltung in die EU dränge und deswegen mit Brüssel nicht konsequent verhandle. So sage die EU, was gelte – notfalls dann der Europäische Gerichtshof.
«Solche Abstimmungskämpfe sind schwierig, weil wir nicht nur alle anderen Parteien, sondern auch die Medien gegen uns haben. Wenn Medien töten könnten, wäre ich schon lange tot. Solche Kämpfe führe ich seit 40 Jahren. Sie sind langweilig, aber ich muss mich hier stellen.» In der rege genutzten Diskussions- und Fragerunde erhält Blocher viel Lob für sein Engagement und dafür, dass er in der Schweizer Politik als einer der ganz wenigen «Charakterköpfe» mittue. Dass solche inzwischen fehlen, hat laut Blocher auch damit zu tun, dass man sich Richtung Berufsparlament bewegt und im Parlament eine richtige Debattenkultur fehlt.
In der Diskussion fand er dann nochmals deutliche Worte: Für Blocher ist Karin Keller-Sutter «die Pressesprecherin von Economiesuisse». Dem die Begrenzungsinitiative ablehnenden Parteikollegen Peter Spuhler habe er gesagt, er sei ein Versager. «Natürlich muss er aufpassen, weil der Staat zu seinen Kunden zählt», fügte er lachend bei.
Das Referat auf YouTube von Juan Austriaco: https://youtu.be/LsmkAzwjelI
«KirchgemeindePlus» (Podium vom 28. August 2020)
Podium über das Projekt KirchgemeindePlus der reformierten Kirche
Bericht im Anzeiger aus dem Bezirk Affoltern von Salomom Schneider (01.09.2020)
Die SVP Bonstetten lud am Freitag zum kontradiktorischen Podium über das Projekt KirchgemeindePlus der reformierten Kirche in den Gemeindesaal Bonstetten. Die Diskussion zeigte erneut, dass KG+ zu einem engagierten Dialog über die Zukunft der reformierten Kirche führt und primär Männer fortgeschrittenen Alters stark an den bisherigen Konzepten hängen.
Claude Wuillemin, Präsident der SVP-Ortsgruppe begrüsste die Anwesenden und erläuterte, dass dieses kontradiktorische Podium vor sieben Wochen aus der Bevölkerung angeregt wurde: «Wir sind eine Partei, die Streitkultur pflegt, deshalb haben wir bewusst ein kontradiktorisches Podium organisiert.» Die pro KG+-Seite vertrat der Leiter des Lenkungsausschusses KG+ und Kirchgemeindepräsident von Mettmenstetten, Karl Sigrist. Den Alleingang der verschiedenen Säuliämtler Kirchgemeinden vertrat der Obfelder Hans Gebhard.
Das Kirchenleben soll im Dorf bleiben
Karl Sigrist stieg in seinen Einstiegsreferat mit einer Zusammenfassung der jahrelangen Arbeit des Lenkungsausschusses mit Pfarrpersonen, Kirchenpflegen und Mitgliedern der Kirchgemeinden ein: «Der Kern des Plans ist, dass die Organisation regional wird und das Kirchenleben im Dorf bleibt. Jede Gemeinde bildet eine eigene Kirchenkommission. Eine zentrale Kirchenpflege steuert die regionale Organisation. Die Kirchenkommissionen haben eigene Budgets und organisieren das kirchliche Leben im Dorf. Für grössere Projekte können sie auf die Ressourcen der Kirchgemeinde zurückgreifen. So können Verwaltungsaufgaben zentral gelöst werden und die Kirchenkommissionen können sich voll auf die Organisation des Lebens im Dorf konzentrieren. Erst wenn es bei drei Abstimmungen immer Ja heisst, kommt die reformierte Kirchgemeinde Säuliamt zustande. Wir haben alles sehr gut durchdacht; haben Sie etwas Vertrauen, auch das gehört zur Kirche.» Das Referat von Karl Sigrist wurde mit spontanem Applaus verdankt.
Erste Evaluation des Obfelder Alleingangs erst im Dezember
Hans Gebhard hat sich jahrelang in unterschiedlichsten Funktionen in der reformierten Kirche engagiert – momentan als Freiwilliger. Er skizzierte den Alleingang der reformierten Kirchgemeinde Obfelden: «Uns war der Ansatz von KG+ zu zentralistisch. Deshalb haben wir uns Gedanken gemacht, was die Alternative sein könnte. In Obfelden war und ist das kirchliche Leben sehr aktiv. Deshalb entstand die Idee, auf die in Obfelden vorhandenen Kräfte zu bauen. Deshalb hat sich die Kirche Obfelden nicht an den Fusionsverhandlungen beteiligt und vor drei Jahren mit einem unabhängigen Ansatz die Reorganisation begonnen. Wir haben eine Arbeitsgruppe gebildet, die bei gleichbleibenden Strukturen das Leben reorganisieren sollte. Dies entsprach nicht den Grundsätzen eines guten Projektmanagements, doch es war der Auftrag. Wir haben drei Jahre lang intensiv gearbeitet, extrem viel Zeit investiert und wollten bis zur Abstimmung über KG+ die Auswertung abgeschlossen haben. Wegen Covid-19 wird die Auswertung jedoch erst an der Kirchgemeindeversammlung im Dezember vorgestellt.»
Einiges lasse sich aber schon sagen, so Gebhard weiter: «Die spirituellen Aspekte spielen eine ganz zentrale Rolle. Nur die Mitglieder und Freiwilligen geben der Kirche ihr Gesicht. Es braucht schlussendlich wohl auch in Obfelden neue Strukturen, um zukunftsfähig funktionieren zu können. Wir werden vermutlich noch längere Zeit mit diesem Prozess beschäftigt sein.» Auch das Referat von Hans Gebhard wurde mit Applaus verdankt.
Existieren der Gemeinden auch ohne KG+ möglich
Wäre es nicht manchmal wünschenswert, administrativ von einer grösseren Kirchgemeinde zu profitieren? Hans Gebhard meinte, dass es natürlich ab und zu schön wäre. Die Kirchenpflege sei jedoch nie so nahe an der Basis, wie wenn sie ab und zu an einem Kirchenzmorge einen Kaffee ausschenke.
Der Bonstetter Gemeinderat Markus Reich fragte, ob der erste Schritt im Prozess KG+ nicht zu schnell gegangen sei, um die Bevölkerung zur Partizipation zu motivieren. Zudem interessierte er sich dafür, ob der Leitungsausschuss bei einem Nein das Resultat akzeptieren würde. Karl Sigrist sagte, dass er nicht beurteilen könne, ob es zu schnell gegangen sei. Es sei jedoch im «Anzeiger» zur Partizipation motiviert worden und durch Flyer. Leider sei das Interesse zur Mitarbeit extrem klein gewesen. Erst als der Vertrag stand, sei das Interesse riesig geworden. Die Kirchgemeinde Mettmenstetten sei gut aufgestellt und werde auch bei einem Nein gut weiter existieren. Die Chancen einer Kirchgemeinde Säuliamt seien aber einfach zukunftsweisender. Die Bonstetter Sozialdiakonin Silke Korn meinte, dass Bonstetten mit der Einheitsgemeinde in den letzten Jahren einen Fusionsprozess hinter sich gebracht hat: «Als Mutter war es mir egal, ob fusioniert wird, oder nicht. Ich war überzeugt, dass unsere Exekutivmitglieder am besten wissen, wie die Schule zukunftsträchtig aufgestellt ist. Auch bei der Kirchgemeinde habe ich dieses Vertrauen. Es ist aber Fakt, dass viele Kirchgemeinden Mühe haben, Behördenmitglieder zu finden und viele Behördenmitglieder mit den an sie gestellten Anforderungen überlastet sind. Zudem habe ich riesigen administrativen Aufwand, wenn ich interkommunale Projekte aufziehen will. Gemeinsam sind wir stärker.»
Mitgliederschwund mit attraktiven Angeboten begegnen
Ein weiterer Besucher wollte wissen, wie Vermietungen in der Kirchgemeinde Säuliamt gehandhabt würden. Karl Sigrist: «Vermietungen des Kirchgemeindesaals werden von den Kirchenkommissionen gehandhabt, Vermietungen von Wohnungen von der Kirchenpflege.» Der Stalliker Pfarrer Otto Kuttler meinte spitzzüngig, dass mit KG+ der Niedergang der reformierten Kirche wenigstens professionell verwaltet werde. Karl Sigrist widersprach vehement: «Die Anzahl Pfarrstellen wird von der Anzahl Mitglieder bestimmt. Da wir Mitgliederschwund haben, müssen wir uns so aufstellen, dass wir nicht ständig Leistungen reduzieren müssen. Gemeinsam können wir bei den Pfarrstellen sparen und in andere, attraktive Angebote investieren.
Kirchenpflege oft überlastet
Eine Votantin fragte, weshalb nicht jede Gemeinde ein Kirchenpflegemitglied bestimmen könne. Rechtlich handle es sich um eine Gemeinde, weshalb es nicht möglich sei, dass es zwangsläufig aus jeder Gemeinde ein Mitglied brauche. Bruno Steinemann erachtete es als wichtig, dass diese Diskussion über KG+ stattfinde: «Bisher hat sich die Kirchenpflege Bonstetten nicht bemüht, dass dies passiert. Ich wäre für eine Zusammenarbeit mit der Kirche Stallikon-Wettswil. Mit diesen Gemeinden arbeiten wir bereits in verschiedenen Bereichen hervorragend zusammen.»
Irene Huber von der Kirchenpflege Bonstetten votierte für den Zusammenschluss: «Es kommen immer mehr administrative Aufgaben auf uns zu. Wir sind oft überlastet, wie viele andere Kirchenpflegen auch. Mit KG+ können wir die Administration zentral handhaben und uns wieder intensiver um das Dorfleben kümmern.»
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